Wie Solarzellen wirklich arbeiten – Wirkungsgrad und Unterschiede erklärt

Vorwort

Viele Hersteller werben mit hohen Wattzahlen – doch in der Praxis erreichen Solarmodule oft deutlich weniger. Um zu verstehen, warum, muss man wissen, unter welchen Bedingungen der Wirkungsgrad gemessen wird und welche Faktoren ihn beeinflussen. Auf dieser Seite erklären wir Schritt für Schritt, was hinter den Angaben steckt und warum die Realität oft anders aussieht.

Wirkungsgrad und Einflussfaktoren bei Solarmodulen

1.1 Standard-Testbedingungen (STC)

Damit Angaben vergleichbar sind, werden alle Solarzellen weltweit unter identischen Laborbedingungen getestet.

Die elektrische Leistung und der Wirkungsgrad von Solarzellen und -modulen werden weltweit unter einheitlichen Laborbedingungen ermittelt, den sogenannten Standard-Testbedingungen (STC). Diese beinhalten:

Einstrahlung1000 W/m²
Zelltemperatur25 °C
LichtspektrumAM 1,5 (entspricht Sonnenlicht mittags in mittleren Breiten)

Da diese Bedingungen nur im Labor auftreten, liegen die realen Werte im Alltag meist darunter.

Nur unter diesen Bedingungen sind die Herstellerangaben zu Wirkungsgrad und Leistung vergleichbar. Abweichungen in Temperatur, Sonneneinstrahlung oder Einfallswinkel führen in der Praxis zu geringeren Werten.


1.2 Unterschied zwischen Zelle und Modul

Solarzellen erreichen unter STC einen sehr hohen Wirkungsgrad. Bei modernen monokristallinen Zellen liegt dieser Wert heute bei etwa 26 %.

Im fertigen Modul sinkt der Wert jedoch ab, da zusätzliche Verluste durch

  • Verschaltung der Zellen,
  • elektrische Übergangswiderstände,
  • Abdeckung durch Glas und Kunststoff,
  • Rahmen und Verkabelung

entstehen. Der reale Modulwirkungsgrad liegt daher in der Regel bei 20–23 %.


1.3 Zelltemperatur vs. Außentemperatur

Bei allen Temperaturangaben in der Photovoltaik handelt es sich nicht um die Außentemperatur, sondern immer um die Zelltemperatur. Diese liegt in der Praxis fast immer deutlich über der Lufttemperatur, da Solarzellen durch Sonneneinstrahlung selbst Wärme aufnehmen und nur begrenzt an die Umgebung abgeben können.

Zur Abschätzung der realen Zelltemperatur wird in der Photovoltaik mit der sogenannten NOCT (Nominal Operating Cell Temperature) gearbeitet. Dieser Wert beschreibt die typische Zelltemperatur bei definierten Bedingungen:

  • 20 °C Außentemperatur
  • 800 W/m² Sonneneinstrahlung
  • 1 m/s Windgeschwindigkeit

Je nach Modultyp liegt die NOCT meist zwischen 40 und 48 °C.

Die Zelltemperatur kann näherungsweise mit folgender Formel berechnet werden:

Typische Beispiele:

  • Sommer: 30 °C Lufttemperatur, 1000 W/m² Einstrahlung → ca. 60 °C Zelltemperatur
  • Frühling: 15 °C Lufttemperatur, 1000 W/m² Einstrahlung → ca. 45–50 °C Zelltemperatur
  • Winter: 0 °C Lufttemperatur, 1000 W/m² Einstrahlung → ca. 30–35 °C Zelltemperatur

Anhand der folgenden Darstellung lässt sich die Wirkung der Außentemperatur auf die Zelle Ablesen:

Bedeutung:

  • Im Sommer können Zelltemperaturen von über 60 °C erreicht werden, was den Wirkungsgrad um mehrere Prozent reduziert.
  • Im Winter sind die Zellen deutlich kühler, sodass der Wirkungsgrad höher liegt – auch wenn die Sonne schwächer scheint.
  • Unter optimalen Bedingungen (kalte Luft + direkte Sonne) kann ein Modul sogar mehr Leistung erreichen als an einem heißen Sommertag.

1.4 Einfluss äußerer Bedingungen in der Praxis

a) Temperatur

Die Leistung von Solarzellen nimmt mit steigender Temperatur ab. Der typische Temperaturkoeffizient für die Leistung liegt bei etwa –0,29 %/°C.

Das bedeutet:

  • +10 °C über STC → ca. 3 % Leistungsverlust
  • Typische Zellentemperatur im Sommer: 45–50 °C
  • Daraus resultiert ein Leistungsabfall von ~7–8 % gegenüber den Laborwerten.

Daraus resultieren die folgenden Auswirkungen der Temperatur auf die Leistung:

Daraus resultieren die folgenden Auswirkungen der Temperatur auf die Wirkungsgrade:


b) Einstrahlungswinkel

Die maximale Leistung wird nur erreicht, wenn die Sonne senkrecht auf die Zellen trifft. Schon bei Abweichungen sinkt der Ertrag:

  • Senkrechter Einfall (90°) → 100 %
  • Flacher Winkel (z. B. 45°) → deutlich weniger Leistung
  • Abweichungen können durch Nachführung oder geeignete Neigung reduziert werden.
  • Faustregel: Proportional zum Cosinus des Abweichungswinkels (cos θ)
    • Senkrecht (0° Abweichung) = cos(0°) = 1 → 100 %
    • 30° Abweichung = cos(30°) ≈ 0,87 → 87 %
    • 45° Abweichung = cos(45°) ≈ 0,71 → 71 %
    • 60° Abweichung = cos(60°) = 0,50 → 50 %
    • 75° Abweichung = cos(75°) ≈ 0,26 → 26 %
      • In der Praxis bedeutet das: Bei Morgen-/Abendsonne kommt nur ein Bruchteil der Leistung an, auch wenn es noch hell ist.

c) Spektrum und Wetterbedingungen

Die STC basieren auf einem definierten Lichtspektrum. In der Realität schwankt das Spektrum durch:

  • Jahreszeit
  • Luftfeuchtigkeit
  • Staub und Luftverschmutzung
  • Bewölkung

Bei diffusem Licht (bewölkter Himmel) sinkt die Leistung erheblich:

  • Klarer Himmel → 100 %
  • Leichte Bewölkung → 60–80 %
  • Starke Bewölkung → 20–40 %

d) Verschattung

Teilverschattung einzelner Zellen kann die Leistung stark reduzieren, da viele Zellen in Reihe geschaltet sind.

  • Schon kleine Schatten (Ast, Dachkante) können die Leistung des gesamten Strangs beeinflussen.
  • Bypass-Dioden in Modulen reduzieren diesen Effekt, können ihn aber nicht vollständig verhindern.

1.5 Überblick über Zelltechnologien

Es existieren unterschiedliche Zelltechnologien, die sich in Herstellung, Wirkungsgrad und Einsatzbereich unterscheiden.

  • Monokristallin
  • Polykristallin
  • Dünnschicht
  • Bifacial

Im Folgenden werden die wichtigsten Typen kurz erläutert.

1.5.1 Monokristalline Solarzellen (mono-Si)

  • Herstellung: Aus einem einzelnen, durchgehenden Siliziumkristall geschnitten (Czochralski-Verfahren).
  • Optik: Einheitlich dunkel (schwarz bis dunkelblau), meist mit abgerundeten Ecken.
  • Wirkungsgrad: Typisch 18–23 %, Spitzenzellen unter Laborbedingungen bis ca. 26 %.
  • Vorteile:
    • Höchster Wirkungsgrad auf kleiner Fläche.
    • Gute Leistung auch bei diffusem Licht.
    • Lange Lebensdauer (20–25 Jahre).
  • Nachteile:
    • Höhere Produktionskosten.
    • Aufwendiger Herstellungsprozess.

1.5.2 Polykristalline Solarzellen (poly-Si)

  • Herstellung: Aus gegossenem, mehrkristallinem Silizium, anschließend in Wafer gesägt.
  • Optik: Hellblau, kristallig, ungleichmäßige Struktur.
  • Wirkungsgrad: Typisch 13–18 %.
  • Vorteile:
    • Günstiger in der Herstellung.
    • Solide Technik, über viele Jahre Standard.
  • Nachteile:
    • Geringerer Wirkungsgrad → größere Fläche nötig für gleiche Leistung.
    • Schwächer bei diffusem Licht.

1.5.3 Dünnschicht-Solarzellen (a-Si, CdTe, CIGS)
  • Herstellung: Aufbringen dünner Halbleiterschichten auf Glas, Metall oder Kunststoff.
  • Optik: Sehr dunkel, gleichmäßig, oft flexibel.
  • Wirkungsgrad: Typisch 7–12 %.
  • Vorteile:
    • Flexible Ausführungen möglich (z. B. für Rucksäcke, Wohnmobile).
    • Relativ gute Leistung bei schwachem Licht oder hohen Temperaturen.
  • Nachteile:
    • Deutlich geringere Leistung pro Fläche.
    • Kürzere Lebensdauer, stärkere Degradation.
    • Häufig in günstigen, faltbaren Panels eingesetzt.

1.5.4 Bifaciale Zellen (Sonderfall)

Kennzahl: Bifacial Ratio typischerweise 70–85 %.

Technik: Nutzen Vorder- und Rückseite für Energiegewinnung (reflektiertes Licht).

Vorteile: 5–15 % Mehrleistung bei reflektierendem Untergrund (z. B. Schnee, heller Boden).

Nachteile: Nur bei geeigneter Umgebung wirksam.

Zusammenfassend:

ZelltypWirkungsgradFläche für 30 WHaltbarkeitPreisniveauOptik
Mono20–23 %klein20–25 J.hochschwarz, gleichmäßig
Poly13–18 %größer15–20 J.mittelblau, kristallig
Dünnschicht7–12 %sehr groß10–15 J.niedrigsehr dunkel, flexibel
Bifacial (Add-on)+5–15 % (bei Reflektion)wie mono20–25 J.hochdurchsichtig rückseitig

Quellenhinweis:
Alle Angaben basieren auf anerkannten Fachquellen, darunter Studien und Reports von Fraunhofer ISE, NREL (National Renewable Energy Laboratory), TÜV Rheinland sowie technische Daten etablierter Hersteller (z. B. SunPower, Solaria). Weitere Informationen finden sich in Fachartikeln von PV Magazine, Solar Power Europe und anderen unabhängigen Energieplattformen.

QuelleLink
Fraunhofer ISE – Photovoltaics Report (2023/2025) → Wirkungsgrade von Zellen & Modulen, STC, Technologievergleichhttps://www.ise.fraunhofer.de/content/dam/ise/de/documents/publications/studies/Photovoltaics-Report.pdf
pv-wissen.de (DGS Berlin & HTW Berlin) → STC, NOCT, Temperaturkoeffizient, reale Bedingungen, Modul vs. Zellehttps://www.pv-wissen.de/
PVEducation.org → Grundlagen zu Einfallswinkel (cos θ), Verschattung, Bypass-Diodenhttps://www.pveducation.org/
Energy.gov – Solar Energy Basics → Einfluss von Jahreszeit, Tageszeit, Atmosphäre, Bewölkunghttps://www.energy.gov/
Fraunhofer ISE – Bifacial PV Modules → Bifacial-Technologie, Mehrerträge, technische Hintergründehttps://www.ise.fraunhofer.de/en/publications/studies.html